Freitag, 31. Oktober 2014

ein lyrischer Post


Maputo


Unter Sand und Müllfetzen
versuchst du deine Makel
zu begraben.
Mit Lärm das Nichtstun und den Trott
zu übertönen.
Bröckelnde Fassaden an den Häusern,
voll Regen saugen sie sich
fleckig grau.
Schweiß der vielen Menschen in der Chapa,
du lässt Kinder allein; allein
auf staubigen Straßen um ihr
tägliches Leben ringen.

Maputo, was bist du für eine Stadt?

Voller Gegensätze, wo Glück und Unglück
so nahe beienanderliegen, wie ein
Sandkorn am Anderem.
Golden durchflutet die Sonne deine Straßen,
offenbart schonungslos, doch du
bist trotzdem wunderschön!
Eine warme Energie und Gelassenheit strömen
aus deinen Poren,
fließen über in tanzendes Gelächter in den Straßen.
Selbst wenn du weinst im Nebelgrau des Regens,
macht dein Angesicht noch süchtig.

Maputo, du bist eine Göttin!

Webst einen Bann um mich,
lässt mich nicht gehen.
Schlägst mich mit der flachen Hand, um
mich dann sanft in den Arm zu nehmen.
Welch Stadt! Voller
Möglichkeiten, voller
Abenteuer, voller
Plagen, voller
Untreue, voller
Träume, voller
                                                                   Opfer…


*inspiriert von Maputo, Ines W.

Dienstag, 28. Oktober 2014

Mina ani vula-vuli xi changana! *

Mosambiks Amtssprache ist Portugiesisch, wobei über die Hälfte der Bevölkerung die Sprache sprechen kann. Neben der Amtssprache gibt es in Mosambik aber noch über 30 andere einheimische Sprachen aus der Familie der Bantusprachen (=dazu zählen über 500 Sprachen, die im mittleren und südlichen Afrika gesprochen werden. Eine der bekanntesten Bantusprachen ist Swahili). So sprechen viele hier zuerst eine einheimische Sprache und zusätzlich noch Portugiesisch.
Hier in Gaza wo ich wohne spricht man Changana/Shangaan (bzw. Tsonga). Auch in der Provinz Maputo sowie in Südafrika (dort sogar als ofizielle Amtssprache) und in Teilen Simbabwes wird die Sprache, die ursprünglich im Gazareich entstand, gesprochen. Insgesamt sprechen ca. 4 Millionen Menschen die Sprache der Volksgruppe Tsonga.
Am Anfang war es für mich oft schwierig zwischen Changana und Portugiesisch zu unterscheiden. Das lag einerseits an fehlenden Sprachkenntnissen, andererseits aber auch an der Tatsache, das im Alltag beide Sprachen vermischt werden. So werden z.B. portugiesische Zahlen verwendet, weil diese in Changana wohl sehr schwierig sind und viele Einheimische (vor allem) Jüngere selbst nicht mehr die Bezeichnung in Changana kennen. Man muss also zwischen dem "Ur-Changana" unterscheiden, und dem Changana, was hauptsächlich im Alltag gesprochen wird und portugiesische Einflüsse aufweist.
Mein Eindruck hier ist, das im Alltag auf jeden Fall 50%, oft sogar mehr Changana gesprochen werden. Man hört es auf dem Markt oder in der Chapa, auch im Radio  gibt es Lieder auf Changana. Dieser Eindruck bezieht sich aber auf meine direkte Umgebung, also hauptsächlich auf das Dorf Chicumbane, in dem ich wohne! In der Stadt wird auf jeden Fall mehr Portugiesisch gesprochen und auch in der Schule, bei öffentlichen Anlässen ist die Amtssprache präsent. In der Kirche gibt es hier z.B. zwei Gottesdienste: einen in Changana, einen in Portugiesisch. Die Lieder in Changana finde ich besonders schön (siehe das Video).
Trotzdem ich schon besser Portugiesisch spreche, verstehe ich hier also auch vieles nicht, weil es einfach noch eine andere Sprache gibt! Ich möchte auch unbedingt Changana lernen so weit das möglich ist, um z.B. mit unserer Nachbarin (einer über 80 Jährigen Frau, die vom Holzhacken bis zur Feldarbeit noch alles allein macht und kein Portugiesisch spricht) zu kommunizieren. Ein Lehrbuch zu finden ist jedoch ziemlich schwierig. Ein paar Floskeln habe ich aber schon drauf und es ist wirklich lustig die Leute mit diesen wenigen Kenntnissen zu überraschen. Die Reaktion: Erstaunen darüber das die "mulungo" (umgangssprachl. für "Weiße") etwas Changana spricht.
Die Aussprache ist etwas "tricky". Oft werden Zischlaute/Pfeiflaute verwendet, die während eines Wortes eingeschoben werden.
Hier ein paar Beispiele:

hoyo-hoyo - Willkommen 
lixile ("lischile")- Guten Morgen
inchikane- Guten Tag
lipelile- Guten Abend
kanimambo-Danke
Mina himina .... - Ich bin...
kaya-Haus
wena ("huena")-du
"stula"-Stuhl (es gibt auch Wörter die dem deutschen ähneln!)



*Ich spreche kein Changana-Mina ani vula vula xi changana

Donnerstag, 23. Oktober 2014

Gedanken über den Freiwilligendienst + WIR sind ACOSADE!

Bisher habe ich hier recht wenig von meiner Arbeit geschrieben, was erstaunlich scheinen mag, erwartet man doch von einem Freiwilligendienst gerade, dass Arbeit (wie der Name schon sagt „der freiwillige Dienst“) im Vordergrund steht. Mir war natürlich schon vornherein klar, dass es 1. um viel mehr als Arbeit geht (Kulturverständnis, etc.) und 2. der Sinn der Arbeit/des Freiwilligendienstes nicht in dieser Tätigkeit allein zu finden ist.
Denn ganz ehrlich, klar bringe ich Kompetenzen mit, aber wirkliche Lebens-und Berufserfahrung als 19 Jährige Abiturientin? Eher nicht. Selbst wenn ich noch so lebens- und berufserfahren wäre, so könnte man selbst dann nicht von der „Wirksamkeit“ des Dienstes ausgehen. Meiner Meinung nach, liegt der Sinn dieses Jahres wirklich im interkulturellen Austausch, wie auch das „weltwärts“ Programm betont. Die klischeehafte Vorstellung, dass da gutherzige Hilfskräfte aus westlichen Ländern nach Afrika kommen, um den „armen“ Menschen hier zu helfen und das Land zu „entwickeln“ vermittelt einfach ein falsches Bild. Erstens vergisst man dabei, dass man als Freiwilliger genauso viel von den Menschen hier lernen kann und vor allem muss, um überhaupt irgendetwas Sinnvolles tun zu können. Zweitens bestätigt man mit der Ansicht schon wieder indirekt ein Machtgefälle, eine Überlegenheit Amerikas und Europas gegenüber den sogenannten Entwicklungsländern. Man kann kein Land „entwickeln“, es ist ein Prozess der von innen heraus geschieht. Vor allem nützt es nichts Ansichten anderer Kulturen (der westlichen Kultur) z.B. auf die afrikanischen Kulturen übertragen zu wollen. Außerdem: Wer misst denn welcher Entwicklungsstand gut oder schlecht ist? Sind es nicht nur alles subjektive Maßstäbe? Ist nicht auch das soziale Gefüge/das Zusammenleben in der Gemeinschaft ein Entwicklungsstand? Oder die „Glücksrate“?
source: http://www.michael-waibel.de/kus/e-pol/karikatur-tw.jpg
Deswegen bin ich auch sehr froh, dass ich hier in einer mosambikanischen Organisation arbeite. Sicherlich könnte meine Arbeit auch von einem Mosambikaner verrichtet werden, Sprachkurse geben usw. (was nicht heißt das ich jemandem den Arbeitsplatz wegnehme! Schließlich könnte jeder mitarbeiten und ich bekomme auch kein Gehalt von ACOSADE). Doch genau das ist der Punkt: die Arbeit ist (zumindest bei „weltwärts“, so definiere ich das für mich) nicht der springende Punkt dieses Freiwilligendienstes. Vielmehr geht es darum unterschiedliche Kulturen zu verknüpfen, sich auszutauschen, voneinander zu lernen, Klischees abzubauen und so vielleicht einen winzigen Beitrag zu einer toleranteren und besseren Welt beizutragen. „Weltwärts“ Kritik oder allgemein Freiwilligendienstkritik ist also durchaus berechtigt, doch dabei sollte man nicht zu pessimistisch denken und auch die vielen positiven Aspekte sehen.
Jetzt bin ich total vom eigentlichen Thema des Artikels wegen des Philosophierens abgekommen! „WIR sind ACOSADE“. Ja, das ist mir diese Woche erst mal so richtig bewusst geworden. Wir (also Monja und ich) sind nicht nur „Angestellte“ sondern tragen wirklich Verantwortung und bestimmen in welche Richtungen sich die Organisation weiterentwickeln kann. Unsere Ideen sind willkommen, wir haben bei der Arbeit fast alle erdenkliche Handlungsfreiheit. Nur fehlt uns zum Teil das Wissen bzw. die Autorität manche Dinge allein zu regeln, sei es nur eine Nachfrage an den Schuldirektor, ob wir an unser Büro etwas mit Farbe ranpinseln dürfen. So werden scheinbar banale Angelegenheiten zu Hürden, die erst nach Wochen überwunden werden können, da wir sie nicht alleine klären können und Luis, der Chef, andere Dinge zu erledigen hat und wegen eines Projekts ziemlich oft unterwegs ist. Nichtsdestotrotz: wir sind nicht machtlos, geben die Sprachkurse (machen immer mehr Spaß, jetzt wo man die Schüler schon etwas kennt), fangen mit dem Umweltprojekt an (vorbereitendes Treffen mit den Pastoren, mit denen wir Zwecks „publicity“ kooperieren, Anlegen von kleinen Beeten). Für ein Projekt u.a. zur  Verbesserung der Bedingungen im Krankenhaus in Chicumbane werden wir anscheinend ACOSADE vertreten, wir als Freiwillige haben Verantwortung und werden mithilfe einer anderen Organisation (N´weti) gemeinsam Schritte erarbeiten, um die Bedingungen im „hospital“ weiter zu verbessern.
Freiwillige/r sein heißt für mich also viel mehr als nur uneigennützig arbeiten! Eigeninitiative ist sehr wichtig und die Rolle als „Hilfskraft“ wird bei mir gerade verwischt-das fühlt sich echt gut an! Ich möchte wirklich ACOSADE „leben“, nicht nur dafür arbeiten.

Oder was ist mit euch? Arbeitet ihr „nur“ für eure Firma/Arbeitgeber oder steht ihr wirklich zu 100% hinter eurer Arbeit und deren Idee und kämpft für sie, als ob es Teil von euch selbst wäre???

Donnerstag, 16. Oktober 2014

Update

#1: Mission DIRE erfolgreich. Nachdem die migracao in Xai-Xai uns aus dem Land werfen wollte bis zum 11.10., gelang es uns zum Glück doch noch in Maputo das Visum zu bekommen. In unserer Verzweiflung kamen wir schon auf verrückte Ideen, wie eine Scheinheirat, nur um hier zu bleiben….
#2: Die Arbeit geht voran. Wir haben Beete neben dem Büro angelegt, wo wir schon Bohnen und Mais anpflanzten, nachdem wir mit dem selbst gemachten Kompost gedüngt haben. Leider fehlt immer noch ein Wasseranschluss, sodass es Wasserschleppen heißt. Hoffentlich bald auch auf afrikanische Art auf dem Kopf :p

#3: Wahlen. Waren gestern, alles verlief recht ruhig. In den Schulen wurde gewählt und wir gingen auch mal bei der secundaria, der Schule hier gleich um die Ecke, vorbei und beobachteten ganz „unauffällig“. Viele Leute waren da, standen in Schlangen oder quatschten einfach nur nach der Wahl, immerhin war der Mittwoch ja durch die Wahl arbeitsfrei. An sich laufen die Wahlen wie bei uns ab, Unterschied ist, das man danach seinen Finger in Tinte taucht, damit man nicht nochmal wählen kann. Zudem: die Ergebnisse lassen auf sich warten. Vor nächster Woche wird man nicht erfahren wer gewinnt…

#4: Sprache=Portugiesisch, geht mittlerweile, aber ist definitiv noch ausbaufähig…vorallem der Akzent muss noch diminuiert werden. Englisch, spreche ich im Unterricht und mit manchen Leuten, die es können, hilft auf jeden Fall auch mein Englisch zu verbessern, was neben Deutsch hier fast meine 2. Muttersprache zu sein scheint (denken auch viele, bzw. nimmt man an es wäre Englisch), Changanga=basic, basic…ein paar Wörtchen wie „lixile“ (Guten Morgen) kann ich schon und versuche sie z.T. anzuwenden, doch um es richtig zu lernen muss ich mir erst ein Buch zum Lernen kaufen

#5: Essen=nach wie vor vieeeel (Monja stiftet mich immer wieder an :p), Bohnen, Xima, badgias, Maniok…typisch deutsche Sachen bzw. so besondere Sachen aus dem Kühlschrank essen wir wg des Preises bzw. der fehlenden Kühlmöglichkeit fast gar nicht. Auch Sachen wie Schokolade und Co vermisse ich nicht mehr sooo sehr…Obwohl; wenn ich bedenke was für Weihnachtsleckereien jetzt bei euch im Regal stehen werde ich schon etwas wehmütig…Aber hungern muss hier (gegen das Afrika-Klischee) niemand (soweit ich es bisher gesehen hab, im Gegenteil ist man eher sehr viel).

#6: Dachte ja; so anders ist die Kultur nicht und alles läuft ja auch soweit, doch mit der Zeit fallen doch schon die ein oder anderen Sachen auf. Gerade durch Missverständnisse. Zum Beispiel ist man hier weniger direkt und sagt nicht gleich der anderen Person die Wahrheit ins Gesicht, wenn sie z.B. was falsch gemacht hat. So erfuhren wir z.B. erst um drei Ecken davon, das wir uns in der migracao wohl zum Teil „zu offensiv“ verhalten haben…mit diesem Wissen, des Undirektseins, klären sich einige Sachen. 

Montag, 13. Oktober 2014

Kaum zu Glauben-harte Zeiten als Atheist

Diskussionen über Religion sind immer wieder sehr interessant, oft voller Emotion auf beiden Seiten und zum Teil auch erheiternd. Ich finde es immer wieder erstaunlich, wie es überhaupt als eine Religion (ich meine hier mit Religion das Christentum) bezeichnet werden kann, glaubt doch jeder etwas anderes, teilweise gegensätzliches und am Ende beten alle bzw. gehen in die Kirche. Für mich vorallem verwunderlich: Einerseits meinen viele Gott sei keine Person, sondern eher in allen Dingen, doch warum bitteschön braucht es dann einen Namen, warum betet man an eine Person und nicht einfach „für die Dinge“, wenn ihr versteht was ich meine. Für mich, als Atheist, scheint diese ganze Religionssache doch eher nur eine Art Selbstinkarnation zu sein. Wenn man fest genug an etwas glaubt, sich etwas lange genug einredet, dann wirkt es auch. Das ist Psychologie, keine Religion. Und das ist auch nur meine Sicht, also bitte fühlt euch als Gläubige nicht angegriffen.
Glück kann man auch ohne Glauben finden....
Apropo. Angegriffen. Meinem Eindruck nach sind in meiner Umgebung hier fast alle gläubig (nur ein Eindruck, und in anderen Teilen Mosambiks vielleicht ganz anders!) und die Kirche spielt eine sehr große Rolle. Ofiziell sind in Mosambik ca. 46 % der Menschen christlich. Der Islam, noch wenig stark, doch mit wachsender Tendenz (in Maputo fallen einem einige Moscheen ins Auge und täglich schallt der Ruf des Muezins). Zurück zum eigentlichen Punkt; angegriffen: Stellt man uns die „Gretchenfrage“ ist das für Monja kein Problem, doch ich als Ungläubige werde komisch angeguckt. „Was, du betest nicht?! Warum? Das ist doch wichtig!.“. Manche lachen sogar darüber, als würde ich erzähen ich glaube noch an den Weihnachtsman…Tja, Religion soll man akzeptieren, okay. Aber genauso bitte auch Atheismus. Der Glaube schwingt oft also alltäglich mit, angefangen zum Kirchenbesuch, bis zum Gebet für unsere sichere Heimreise nach Chicumbane oder meine Gesundheit, oder wie gestern als Luis anlässlich der Kirchenkleidung eine Feier bei sich hatte, zu der wir eingeladen waren und die erstaunlich wenig kirchlich geprägt war. Es wurde wie bei einer normalen Feier gelacht, getrunken, getanzt.
So kam es aufgrund dieser Religionsomnipräsenz, das ich schon wieder in einer Kirche war. Diesmal war es aber ein Konzert (natürlich auch religiöse Lieder). Der Besuch offenbarte auch mal wieder, wie stereotypisch man denkt: Kirche?  Ja klar, ein Gebäude, typische Form, mit Turm und oben drauf noch ein Kreuz, innen Bänke, Orgel, Altar. Nicht unbedingt! Letztendlich heißt es nur, das es ein Gebetsort ist. So entpuppte sich die Kirche in Maputo, als ehemalige Garage, in der eine Bühne, Dekoration und Plastikstühle aufgebaut waren. Dank großer Lautsprecher erschallte die Garage/Kirche dann auch ziemlich laut. Die Musik war gut, sehr gut! Mitreißend sang ein Mädchenchor. Doch nicht so „brav“ und klassisch, sondern mit voller Gospelinbrunst. Das Publikum sang mit, klatschte, tanzte. Immer wieder Rufe „Jesus“, „Yes“, „Oh God“. Passion. „Oh Raise me up!...“. Eine Frau springt auf (die kenne ich doch, es ist Amelia! :D), die Arme auseinander gestreckt, sie schreit voller Hingabe, weint…hinter mir ein Mann, er wirft sich auf den Boden. Oh Jesus! Der Gottesdienst und der Glaube hier werden hier auf jeden Fall locker und voller Emotion ausgelebt. Es geht definitiv „lustiger“ als in deutschen Kirchen zu. Aber auch hier gilt; jede Kirche ist anders.
Fazit: Manchmal nervt mich dieser omnipräsente Glaube und die Rechtfertigungen, die ich geben muss, doch ich muss zugeben: die Gottesdienste, von der Art her, sind ganz gut und allgemein ist es doch auch irgendwie interessant.


Mittwoch, 8. Oktober 2014

Wahlkampf in Mosambik




Wahlwerbung der Frelimo, Inhalte werden sowieso überbewertet ;p

*dieser Post stammt größtenteils aus Monja´s Feder , dankeschön, siehe: http://moni154.wordpress.com/ *

Die Wahlen stehen vor der Tür. Am 15. Oktober ist es so weit. Im ganzen Land wird ein neues Parlament und ein neuer Präsident gewählt. Ab 1. September ging hier der Wahlkampf los, und der ist etwas anders als in Deutschland.
Gleich am ersten Tag - das weiß ich noch, da sind wir von Quissico zurück nach Hause gefahren - wurden hier wie wild alle Wände plakatiert. Ich weiß noch, dass ich auf dieser Fahrt meinen Augen nicht trauen wollte. Auf jeder freien Fläche hingen jetzt rote FRELIMO Zettel. Ganze Wände, Brunnen, Brücken sogar Verkehrsschilder wurden zu plakatiert. Auf einmal war einfach alles rot und das Gesicht Nyusi’s blickte uns aus jeder Ecke entgegen. Es gibt sogar ein extra FELIMO-Lied, dass hier im Radio läuft. Hört doch mal rein: Ich vertraue dir Nyusi.  http://www.youtube.com/watch?v=arnj9xT4NsI
sehr beliebt auch; Frelimo T-Shirts
Wenn man es nicht besser wüsste, fühlt sich das Ganze an, wie in Deutschland während der WM. FRELIMO-Fahnen an Autos und Häusern, Autokorsos durch die Stadt mit Vuvuzela-Getröte, Leute mit FRELIMO-T-shirts und Kapulanas, FRELIMO is everywhere!
Es stellt sich jetzt wohl die Frage, wo die ganzen anderen Parteien sind, es ist doch schließlich ein Wahlkampf und keines Falls so, dass eine ganze Nation aus FREIMO-Anhängern besteht. Oder doch?
Wie legitim ist also die FRELIMO-Regierung? Offiziell ist Mosambik eine  präsidentiellerepräsentative und demokratische Republik. Doch wie viel Demokratie ist tatsächlich vorhanden? Die FRELIMO kann mit ihrer Zweidrittelmehrheit die Verfassung ändern und kann in massiver und unfairer Weise staatliche Ressourcen für Parteipropaganda nutzen. Was sie so beim Wahlkampf extrem bevorteilt. Ich für meinen Teil sehe hier ja auch fast nur die FRELIMO Wahlkampf machen. Ich kenne nur eine Wand in Xai-Xai an der auch Wahlplakate der MDM und der PDD hängen.
Die Wahlen von 2009 wurden zwar von internationalen Beobachtern als fair und frei beurteilt, Gemunkel von Wahlbetrug, Korruption, Stimmenkauf und bereits ausgefüllten FRELIMO-Wahlzetteln gibt’s aber trotzdem.
Ich bin also gespannt, wie alles endet. Wie groß die Wahlbeteiligung ist, wie viel Stimmen die MDM bekommt und wie der Wahlsieg der FRELIMO dann gefeiert wird. J
Ps: Vielleicht verfolgt ihr mal aufmerksam die Nachrichten, ob was von den Wahlen hier berichtet wird…und wenn ja wie! Würde mich interessieren :D


Die FRELIMO (Frente de Libertação de Moçambique; deutsch: Mosambikanische Befreiungsfront) ist seit der Unabhängigkeit des Landes 1975 an der Macht. Sie hat Mosambik in die Unabhängigkeit geführt und während des Bürgerkriegs 1977 bis 1992 gegen die RENAMO-Rebellen gekämpft. Die RENAMO (Resistência Nacional Moçambicana; deutsch: Nationaler Widerstand Mosambiks) ist übrigens auch eine Partei. Sie ist aus der gleichnamigen Rebellenbewegung hervorgegangen und ist die größte Oppositionspartei. Allerdings wird sie auf die Politik der Totalverweigerung und des Boykotts festgelegt und wird weiterhin als Unruhestifter dargestellt. Sie hat sich so in eine Sackgasse manövriert.
sogar Capulanas der Frelimo gibt es
Es gibt im Grunde viele Parteien, die man wählen könnte, aber nur drei sind wirklich bekannt. Keiner der übrigen Parteien Mosambiks ist es bisher gelungen, irgendeine erwähnenswerte Rolle im System zu spielen. Es gibt also die Dauer-Regierungspartei FRELIMO, die größte Oppositionspartei RENAMO und die MDM (Movimento Democrático de Moçambique; deutsch: Demokratische Bewegung Mosambiks). Sie ist eine sehr neue Partei, die als Reaktion auf autoritäre Strukturen innerhalb der RENAMO entstanden ist. Die Partei hat in ihrer Gründungsphase vor allem unzufriedene RENAMO-Mitglieder angezogen. Symbol des MDM ist der Hahn, der Schlachtruf der Anhänger, „Kikeriki“, steht für die Aufforderung an die Bürger des Landes aufzuwachen und für Veränderungen in Mosambik einzutreten. Sie ist (meiner Ansicht nach) die einzige Partei, die der FRELIMO Konkurrenz machen kann.
Das Land wurde bis jetzt immer nur von der FRELIMO regiert. Bei den letzten Wahlen 2009 erzielte sie 74,66% aller Stimmen. Die RENAMO hatte 17,68% und die MDM gerade mal 3,93%. Allerdings muss hier aber auch beachtet werden, dass die Wahlbeteiligung gerade mal bei 44,44% lag.
Naja, die Leute wählen trotzdem einfach die FRELIMO. Denn ein wahrer Mosambikaner wählt die Partei, die einem den Frieden gegeben hat, die den Krieg beendet hat. Das Ganze ist so als würde man einem Deutschen sagen, er soll bei der WM kein Deutschlandfan sein (Ok, da gibt’s schon einige, aber die werden dann komisch angeguckt) und so ist es hier auch.
Wer nicht die FRELIMO wählt, geht zumeist gar nicht wählen, weil  alle anderen Parteien „zu klein und unerfahren“ seien, um etwas zu verändern. Wie es wohl wäre, wenn all diese Leute einer bis jetzt noch kleinen Partei ihre Stimme geben würden? Meiner Ansicht nach braucht das Land eine Veränderung. Es kann ja nicht für immer von ein und der gleichen Partei regiert werden!


Fazit: Es ist eine wirklich aufregende Zeit hier und es ist spannend das ganz hautnah mitzuerleben. Schon in wenigen Tagen ist es so weit. Für mich gibt es eigentlich keinen Zweifel wer gewinnen wird. Manchmal frage ich mich wieso die FRELIMO überhaupt so viel Einsatz beim Wahlkampf zeigt, es scheinen doch eh alle FRELIMO zu wählen. Dieser Eindruck kann natürlich Täuschen und man sagte mir auch, dass besonders in meiner Provinz – Gaza - FRELIMO sehr stark präsent sei. Insgesamt wiegen die Stimmen Gaza´s verhältnismäßig wenig, mit nur 1 Million Einwohnern und in anderen Provinzen heißt es, habe die FRELIMO Terrain verloren. 
Ich bin also gespannt, wie alles endet. Wie groß die Wahlbeteiligung ist, wie viel Stimmen die MDM bekommt und wie der Wahlsieg der FRELIMO dann gefeiert wird. J
Ps: Vielleicht verfolgt ihr mal aufmerksam die Nachrichten, ob was von den Wahlen hier berichtet wird…und wenn ja wie! Würde mich interessieren :D

Sonntag, 5. Oktober 2014

Vertrauensbruch und Misstrauenssucht-Eine Gratwanderung

In einem vorherigen Post (--->Vertrauen in Fremde) habe ich schon einmal über Vertrauen geschrieben, Vertrauen in Fremde. Generell bin ich der Meinung, man sollte offen sein und bereit sein theoretisch jedem zu vertrauen. Leider darf man aber nicht allen Menschen vertrauen, ein Funke Misstrauen muss bei jeder Begegnung am Anfang dabei sein. Je nachdem, kann man diesen dann schnell auslöschen und dem Menschen entspannt vertrauen. Eigentlich beruht das nur auf Intuition, und ob ich jemandem vertraue oder nicht entscheidet sich sekundenschnell.
Immer wieder passiert es hier, das wir gewarnt werden. Klar, wir sind Fremde hier, leichte Opfer und sicherlich vertraue ich nicht jemandem, der nach zwei Minuten Gespräch meine Telefonnummer will und behauptete er liebe mich. Auch in unser Haus darf niemand rein, den wir nicht wirklich kennen. Lustig aber die Argumentation dazu von unserer Nachbarin; genau die Menschen, die Freunde, die man in sein Inneres, das Private, das Haus hineinlässt, kennen es demzufolge, dessen Schwächen und Schätze, und die werden es auch sein, die einen berauben. Okayyyy…Das sind laut meiner Definition definitiv keine Freunde. Wenn man nichtmal mehr Freunden vertrauen kann, dann ist etwas gewaltig falsch in dieser Welt bzw: hat man die falschen Freunde!
Freundschaften hier zu schließen ist immer auch mit dieser Vertrauens-Misstrauens-Thematik verbunden. Es ist unübersichtich das wir nicht von hier sind und viele wollen allein deswegen mit uns „befreundet“ sein. Das merkt man an sich schon recht schnell…doch was ist wenn jemand wirklich nett wirkt? Ich will vertrauen! Doch man muss zugleich auch noch misstrauen, weiß man doch nicht, ob die Person ehrlich ist, welche Gründe sie hat oder ob sie einfach nur ziemlich clever schauspielert. Das ist unglaublich anstrengend finde ich, immer wieder dieses Zweifeln, die Unsicherheit.
Heute früh erst ereignete sich eine Situation: Ein Mädchen, vielleicht so 12 Jahre, abgewetzte Sachen und Dreck auf ihrer Haut, kam zu uns. Mit traurigem Gesicht fragte sie, ob sie hier wohnen könne. Dann meinte sie noch, ihre Tante habe sie mit einer Flasche geschlagen, worauf sie eine Wunde am Fuß zeigte. Sie weinte. Ich glaubte ihr. Erklärte aber auch, sie könne hier nicht wohnen und wir können nicht helfen, also schickte ich sie zu unseren Nachbarn. Da ich mir aber doch nicht so sicher war, was an dieser Geschichte wahr ist, ließ ich sie allein hingehen. Kurz darauf kam sie zurück. Die Nachbarn hätten sie wieder zu uns geschickt. Aha. Möglich, aber nach so kurzer Zeit. Vorallem: hätten sie ihr geglaubt, hätten sie ihr geholfen und sie nicht zurückgeschickt. Hätten sie ihr nicht geglaubt,  hätten sie sie definitiv nicht zu uns geschickt und uns hoffentlich gewarnt. Logisch betrachtet (ich liebe Logik!) ist hier also Misstrauen angebracht. Es ist ja auch komisch, wenn sie ein Stück entfernt wohnt, das sie genau zu uns, den Neuen, kommt und nicht einfach andere Nachbarn anspricht. Die könnten ihr viel eher helfen. Anscheinend also alles nur fake? Auf der anderen Seite, vielleicht war es doch ernst, und jetzt fühle ich mich schon fast schuldig, sie einfach so weggeschickt zu haben. Sie nicht trösten zu können.


Vertrauen und Misstrauen liegen nah beieinander. Ein schmaler Grad den richtigen Weg zu wählen, zwischen falscher Unfreundlichkeit und unangebrachter Freundlichkeit. Kulturen kennenlernen und verstehen, heißt feste Denkmuster zu hinterfragen und Neue auszutesten. Schwierig ist es zu entscheiden was richtig, was falsch. Ist es nur meine Kultur, ein Danke zu erwarten und eigentlich gar nicht so unhöflich? Ist es nicht normal, das Verkäufer und Kellner dem Kunden gegenüber zuvorkommend sind, und einen nicht wie eine Last wirken lassen? Fragen über Fragen…Alles ist ein Abenteuer. 

Fazit: Misstrauen ist gut; doch ich sage es nochmal: Lieber 10 Leuten vertrauen, und einer enttäuscht dich, als NIEMANDEM zu Vertrauen und das ganze Leben pessimistisch zu sehen.