Sonntag, 5. Oktober 2014

Vertrauensbruch und Misstrauenssucht-Eine Gratwanderung

In einem vorherigen Post (--->Vertrauen in Fremde) habe ich schon einmal über Vertrauen geschrieben, Vertrauen in Fremde. Generell bin ich der Meinung, man sollte offen sein und bereit sein theoretisch jedem zu vertrauen. Leider darf man aber nicht allen Menschen vertrauen, ein Funke Misstrauen muss bei jeder Begegnung am Anfang dabei sein. Je nachdem, kann man diesen dann schnell auslöschen und dem Menschen entspannt vertrauen. Eigentlich beruht das nur auf Intuition, und ob ich jemandem vertraue oder nicht entscheidet sich sekundenschnell.
Immer wieder passiert es hier, das wir gewarnt werden. Klar, wir sind Fremde hier, leichte Opfer und sicherlich vertraue ich nicht jemandem, der nach zwei Minuten Gespräch meine Telefonnummer will und behauptete er liebe mich. Auch in unser Haus darf niemand rein, den wir nicht wirklich kennen. Lustig aber die Argumentation dazu von unserer Nachbarin; genau die Menschen, die Freunde, die man in sein Inneres, das Private, das Haus hineinlässt, kennen es demzufolge, dessen Schwächen und Schätze, und die werden es auch sein, die einen berauben. Okayyyy…Das sind laut meiner Definition definitiv keine Freunde. Wenn man nichtmal mehr Freunden vertrauen kann, dann ist etwas gewaltig falsch in dieser Welt bzw: hat man die falschen Freunde!
Freundschaften hier zu schließen ist immer auch mit dieser Vertrauens-Misstrauens-Thematik verbunden. Es ist unübersichtich das wir nicht von hier sind und viele wollen allein deswegen mit uns „befreundet“ sein. Das merkt man an sich schon recht schnell…doch was ist wenn jemand wirklich nett wirkt? Ich will vertrauen! Doch man muss zugleich auch noch misstrauen, weiß man doch nicht, ob die Person ehrlich ist, welche Gründe sie hat oder ob sie einfach nur ziemlich clever schauspielert. Das ist unglaublich anstrengend finde ich, immer wieder dieses Zweifeln, die Unsicherheit.
Heute früh erst ereignete sich eine Situation: Ein Mädchen, vielleicht so 12 Jahre, abgewetzte Sachen und Dreck auf ihrer Haut, kam zu uns. Mit traurigem Gesicht fragte sie, ob sie hier wohnen könne. Dann meinte sie noch, ihre Tante habe sie mit einer Flasche geschlagen, worauf sie eine Wunde am Fuß zeigte. Sie weinte. Ich glaubte ihr. Erklärte aber auch, sie könne hier nicht wohnen und wir können nicht helfen, also schickte ich sie zu unseren Nachbarn. Da ich mir aber doch nicht so sicher war, was an dieser Geschichte wahr ist, ließ ich sie allein hingehen. Kurz darauf kam sie zurück. Die Nachbarn hätten sie wieder zu uns geschickt. Aha. Möglich, aber nach so kurzer Zeit. Vorallem: hätten sie ihr geglaubt, hätten sie ihr geholfen und sie nicht zurückgeschickt. Hätten sie ihr nicht geglaubt,  hätten sie sie definitiv nicht zu uns geschickt und uns hoffentlich gewarnt. Logisch betrachtet (ich liebe Logik!) ist hier also Misstrauen angebracht. Es ist ja auch komisch, wenn sie ein Stück entfernt wohnt, das sie genau zu uns, den Neuen, kommt und nicht einfach andere Nachbarn anspricht. Die könnten ihr viel eher helfen. Anscheinend also alles nur fake? Auf der anderen Seite, vielleicht war es doch ernst, und jetzt fühle ich mich schon fast schuldig, sie einfach so weggeschickt zu haben. Sie nicht trösten zu können.


Vertrauen und Misstrauen liegen nah beieinander. Ein schmaler Grad den richtigen Weg zu wählen, zwischen falscher Unfreundlichkeit und unangebrachter Freundlichkeit. Kulturen kennenlernen und verstehen, heißt feste Denkmuster zu hinterfragen und Neue auszutesten. Schwierig ist es zu entscheiden was richtig, was falsch. Ist es nur meine Kultur, ein Danke zu erwarten und eigentlich gar nicht so unhöflich? Ist es nicht normal, das Verkäufer und Kellner dem Kunden gegenüber zuvorkommend sind, und einen nicht wie eine Last wirken lassen? Fragen über Fragen…Alles ist ein Abenteuer. 

Fazit: Misstrauen ist gut; doch ich sage es nochmal: Lieber 10 Leuten vertrauen, und einer enttäuscht dich, als NIEMANDEM zu Vertrauen und das ganze Leben pessimistisch zu sehen. 

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